Wir starten mit der fair&female Sommerinspiration. In den nächsten Wochen gibt es hier gute Vibes mit Menschen, die sich Gedanken zur Gesellschaft machen und am gemeinsamen Zusammenhalt arbeiten möchten. Den Start macht der Grazer Gregor Seberg. Er ist nicht nur Kabarettist, Schauspieler, Autor und Podcaster, sondern auch zweifacher Vater von kleinen Buben. Und wir sprechen im Park vor dem Stadttheater in Berndorf auch über die schwierige Aufgabe, Jungs nicht zu Arschlöchern zu erziehen.
Wir starten mit der fair&female Sommerinspiration. In den nächsten Wochen gibt es hier gute Vibes mit Menschen, die sich Gedanken zur Gesellschaft machen und am gemeinsamen Zusammenhalt arbeiten möchten. Den Start macht der Grazer Gregor Seberg. Er ist nicht nur Kabarettist, Schauspieler, Autor und Podcaster, sondern auch zweifacher Vater von kleinen Buben. Und wir sprechen im Park vor dem Stadttheater in Berndorf auch über die schwierige Aufgabe, Jungs nicht zu Arschlöchern zu erziehen.
Und hier kann man Gregor Seberg in den nächsten Wochen und Monaten sehen und hören.
BARBARA HAAS
Hallo ihr Lieben, herzlich willkommen zu Fair & Female, dem Gesellschaftspodcast der Kleinen Zeitung. Mein Name ist Barbara Haas, ich bin Journalistin und Host in diesem Podcast und diese Episode ist tatsächlich eine Heraussenepisode, weil sie ist Teil der heurigen Sommerinspiration, die euch ein bisschen gute Vibes geben soll und wir sitzen hier im Berndorf vor dem Theater, Stadttheater und mitgebracht habe ich einen tollen Mann, mit dem ich zwei Dinge besprechen möchte, nämlich Dummheit und die große Frage, wie man Jungs so erzieht, dass sie keine Arschlöcher werden. Ich freue mich sehr, dass er da ist, Schauspieler, Kabarettist, Autor und Podcaster Gregor Seberg.
GREGOR SEBERG
Ich freue mich wahnsinnig, dass du mich den tollen Schauspieler Gregor Seberg genannt hast, vielen, vielen Dank. Ich freue mich auch jetzt schon auf das Gespräch, der Titel des Podcasts ist schon gut und da es um Dummheit geht, fühle ich mich sehr zu Hause, sowohl in dem Bereich, was das Anprangern desselben betrifft, als auch in dem Bereich der Eigenwahrnehmung, die sich durchaus in diesem Bereich wiederfindet, nämlich, dass man steppert ist.
BARBARA HAAS
Sehr schön, schauen wir mal, wie weit wir kommen in der Explorierung dieser Themen, aber ganz am Anfang, bevor wir zur Dummheit kommen, lass uns über die Nervensäge sprechen, weil wir sind ja nicht umsonst hier im Berndorf, sondern du spielst ab 8. Juli die Nervensäge und bist auch dieselbe. Was nervt dich denn an anderen Menschen am meisten?
GREGOR SEBERG
Das ist eine lange Liste, die mich an anderen Menschen nervt. Es ist vor allem, ist das gelebte Unbedachtsamkeit, gelebte Ignoranz, gelebter Egoismus, gelebtes bewusstes Böse sein und Unachtsamkeit. Das beginnt bei vielen kleinen Dingen im alltäglichen Leben, dass man Menschen so nicht wahrnimmt, wenn sie vor einem an der Kasse stehen und man es eiligert, bis zu was könnte denn eine politische Tat, die ich setze, weil ich eine politische Tat setzen wollte, weil nämlich Montag ist und ich auffallen will, was könnte denn diese Tat für Konsequenzen haben für so Menschen? Wenn zum Beispiel Politiker sagen, ich neige zu kurzen Antworten, wie du merkst, wenn Politiker sagen, die Menschen da draußen sagen mir, weiß ich, ist schon gelogen, weil die Menschen da draußen reden mit dir ja gar nicht. Und du glaubst immer, du musst für die Menschen da draußen dir Gedanken machen, nein, nein, nein, jetzt ist es schon zu spät, jetzt ist es schon vorher machen sollen.
BARBARA HAAS
Okay, also ich höre raus, dich nervt Unehrlichkeit und das sozusagen, wenn es nicht authentisch ist und wenn es für eigene Zwecke benutzt wird und wenn man unachtsam anderen im täglichen Leben ist.
GREGOR SEBERG
Ja, also ich bin gerne bereit, unachtsam, ungerecht und hunsgemein Leuten über zu sein, die es verdienen. Aber ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass es im Vorfeld immer schon passiert, dass wir Menschen zu dem werden, was wir sind. Es gibt auch diesen Spruch, der Mensch ist das Menschenwolf und leider Gottes stimmt der. Und wir haben aber keinen Grund dazu. Wir haben so ein wahnsinniges Glück, Mensch sein zu dürfen und nicht zum Beispiel Küchenschabe, die kaum wird sie gesehen von allen gehasst und getötet und verfolgt wird, sondern Menschen. Und warum sind wir a priori immer schon ein bisschen geschissen zueinander? Das ärgert mich.
BARBARA HAAS
Aber weißt du, also hast du eine Idee, warum?
GREGOR SEBERG
Ja, ich glaube, dass das zum einen doch dem Menschen inne wohnt, dass es so ist. Ich habe mal ein Buch gelesen, das heißt die Symphonie des Denkens. Ich habe das Buch aber nicht ganz fertig gelesen, weil im Vorwort steht, das ist eher die triviale Ausgabe der Thematik, damit man weiterkommt als nur bis zur Hälfte. Nach ungefähr 100 Seiten dachte mir, aber da kommt vor, dass ein Biochemiker sagt, er könne eine Maschine mit Bewusstsein bauen. Aber das würde jetzt zu weit führen, warum er das sagt. Und die Grundfragen der Menschheit für ihn aktuell sind, wo fahren wir hin, wann sind wir dort, warum muss ich in der Mitte sitzen? Und damit meint er, dass wir nicht innehalten können, dass wir immer glauben, wir müssen alles ständig verbessern. Zum Beispiel mit diesem von mir wirklich sehr verachteten Slogan, Geiz ist geil, handeln. Geiz ist nicht geil, Geiz ist bösartig und gemein, weil er natürlich immer auf Kosten anderer geht. Und warum muss ich in der Mitte sitzen, heißt immer dieses, ich muss meinen Zustand permanent verbessern, weil er ist immer schlecht. Wer redet uns das ein, dass alles, was wir haben, schlecht ist?
BARBARA HAAS
Ja, ich hätte einen Vorschlag für den, wer redet uns das ein. Ich glaube, dass ein kapitalistisches System, das dir schon davon lebt, dir was zu verkaufen, Needs produzieren möchte. Und deswegen sind wir nie genug, weil wir ständig hören, dass wir das halt so nicht sind. Aber zurück zum Nerven.
GREGOR SEBERG
Zurück zum Nerven. Ich sehe schon, ich muss dich ein bisschen einhegen.
BARBARA HAAS
Bevor wir zur Dummheit kommen, natürlich nervt dich wahrscheinlich auch was an dir. Oder du bist der sehnbuddhistische Mensch.
GREGOR SEBERG
Nein, nein, bevor du es aussprichst, nein, nein, es nervt mich an mir wahnsinnig viel, es nervt mich an mir, dass ich nach so vielen Jahren nicht in der Lage bin, die von mir aufgestellten Prämissen auch auf mich anzuwenden immer. Auch ich bin ein, wie soll man sagen, ein oftmals gesellschaftlich denkfaules Schwein. Und es ist so schwer, ich zitiere schon wieder jemanden, der gesagt hat, ein Revoluzzer müsste man sein, dann war das leidend, schnell vorbei. Aber wer machte schon die Block und Revoluzzer den ganzen Tag? Konzentrieren Wecker. Das stimmt auch für mich, ja. Das ist, ich denke mir oft so, ach, wenn es der Beruf Missständezerleger wäre.
BARBARA HAAS
Ja, das wäre ein super Beruf. Missständezerleger. Vielleicht ist das da die Korruptionsstaatsanwaltschaft, ich weiß es nicht.
GREGOR SEBERG
Ich glaube, dass das im Kleinen schon geht, weil jeder große Missstand, der uns auffällt, hat natürlich einen Ursprung und viele kleine Pechlein, die dann zusammen rinnen, bis wir dann sagen, okay, was für ein Missstand. Aber schau, ich erkenne an mir zum Beispiel, ich versuche wirklich im alltäglichen Leben wirklich, das ist kein Lippenbekenntnis, ich versuche vehement kein Arschloch zu sein, weil niemand hat das verdient, von einem Arschloch irgendwie malträtiert zu werden. Aber in dem Versuch, kein Arschloch zu sein, vergisst man auf die, die jetzt gerade deinen Zuspruch brauchen würden. Wenn man so müde ist, man sagt, ach, das wollte ich auch noch zurückrufen, weil dem geht es auch nicht gut gut oder die hat immer gesagt, bitte, lass uns einmal auf einen Kaffee gehen, ich muss so viel loswerden und man sagt, gerne, und die Lüge beginnt schon, gerne, nein und auch nicht diese Woche, nein. Also fehlbar bin ich schon sehr.
BARBARA HAAS
Aber das ist ja kein Arschloch, sein. Also zu sagen, zwar zu versprechen, man geht auf einen Kaffee und hört sich die Sorgen einer Freundin an.
GREGOR SEBERG
Für mich schon. Für mich schon, in gewisser Weise schon, weil wenn jemand quasi um Hilfe ersucht, ich sage jetzt nicht fleht, dann geht man ja aber um Hilfe ersucht und man sagt, wenn man seinen inneren Schweinehund nicht dahingehend irgendwie an die Leine nimmt, dass man sagt, na, das machen wir jetzt. Ja, sonst versuche ich tatsächlich, ich versuche es und ich könnte jetzt nicht aufzählen, wo ich es bin, keinen Arschloch zu sein. Niemandem Böses zu tun.
BARBARA HAAS
Das ist schön. Wir lassen das einfach so stehen und wir kommen jetzt ein bisschen zur schönen Dummheit. Du hast ein Kabarettprogramm, mit dem du aktuell auch noch auf Tour bist, das heißt die Schatzkiste und da geht es um die Dummheit unter anderem und nach deinem Befund wird die auch immer mehr. Woran machst du denn das fest, diese für dich Tatsache?
GREGOR SEBERG
Da bin ich auf der Suche nach der Antwort. Ich verstehe es nicht. Ich verstehe es nicht, warum wir mit dem vielen Wissen, das uns zur Verfügung gestellt wird, nicht mehr anfangen als entweder so weiter wie bisher. Damit meine ich jetzt zum Beispiel ganz global Umweltfragen oder Umverteilungsfragen. Warum es einen Aufruf zur gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit 2025 geben muss, kann natürlich an der Ignoranz nicht wollen, blablabla, aber letztlich ist es auch nicht dumm, weil es ja durchaus immer eine Bevölkerungsgruppe, nämlich die, die weniger verdienen, sagen wir mal Frauen, immer in eine Rolle drängt, die sie nicht haben wollen. Das ist total dumm, weil das wird natürlich in Reziprok dazu führen, dass die dann wieder unzufrieden sind und das führt dazu nichts Gutes.
BARBARA HAAS
Ja, aber es ist für die, die es nicht wollen oder nicht umsetzen, natürlich nicht dumm, zu sagen, okay, es ist in meiner Position, also wäre ich jetzt sozusagen ein schöner, alter, weißer Mann, der auch jung sein kann, apropos, das muss nicht mit dem Alter zusammenhängen. Das hat ja gar nicht mit dem Alter und das hat ja nicht einmal mit dem Geschlecht was zu tun. Aber die, die halt die meisten diese halbe Arbeit machen und die andere Hälfte auch, sind halt doch meistens die Frauen und deswegen sind die anderen halt meistens die Männer. Du warst übrigens doch in einem Werbespot vor tausend Jahren, wo es auch schon um halbe halbe ging, oder?
GREGOR SEBERG
Ja, vor über tausend Jahren, glaube ich, war das. Weißt du, ich bin ja schon ein bisschen privilegiert, weil ich bin ja nur mit Frauen aufgewachsen und es war so ganz normal, dass die dich als Buben wohin schicken und sagen, mach das. Dadurch war das nie so, dass ich eine Vaterfigur gehabt hätte, wo ich mir abschauen hätte können, ah, der sitzt irgendwie nur und lässt sich bedienen, sondern für mich hat das ganz normal, dass dem nicht so ist. Selbst als verhätscheltes Kinderl ist es dann nicht so gewesen. Da habe ich vielleicht einen natürlichen Vorteil und zehre von etwas, was ich gar nicht selber geleistet habe. Aber, weil du gesagt hast, dumm, woher kommt das? Wenn ich es lustig formulieren würde, würde ich sagen, weil unser Gehirn nicht mehr größer wird und wir so viel Platz für die Blödheit haben, so sage ich es beim Kamerierprogramm. Wenn ich es versuchen würde, ernsthaft zu beantworten, dann würde ich sagen, dass Dummheit und Ignoranz Geschwister sind. Weil solange du mit deiner Blödheit durchkommst und synergierst, weil dir eh erklärt hat, was du tun musst, es wird dir eh alles gesagt. Kauf dir jetzt das neue Handy, kauf dir jetzt das Waschmittel, du brauchst jetzt den großen Fernseher, dein Nachbar ist ein Arschloch, weil er hat ein bisschen größeres Auto. Solange dir das alles erklärt wird, brauchst du dann selber denken. Die oerösterreichische Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner hat vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben, das hieß Dummheit. Und die hat sich natürlich aufgrund ihrer langen Erfahrungen im Profilen von schieben Persönlichkeiten da ein ganz eigenes Bild natürlich auch machen können. Und ich habe mit ihr mal darüber geredet und habe gefragt, warum glauben wir eigentlich immer, dass nur die anderen dumm sind? Also wir nehmen es ja für uns meistens nicht in Anspruch. Also niemand sagt von sich selber, okay, ich glaube bei mir hat es nicht mehr als drei Zellen abgegeben. Also wir projizieren es ja schon immer auf die anderen. Ist das jetzt auch diese Ignoranz, was du jetzt vorher gesprochen hast oder was ist deine Erklärung dafür?
BARBARA HAAS
Die Nazis waren auch immer die anderen. Da haben sich ja viele selber gar nicht so als Nazis unschuldig befunden. Die haben immer gedacht so, wir waren ja nicht böse, wir haben ja nur, jetzt kommen diese Sachen wie Pflicht getan oder nichts gewusst und so weiter. Und wenn man jetzt weiterdenkt, müsste man sagen, naja, die anderen haben wahrscheinlich auch gedacht, sie sind es nicht. Wir brauchen das glaube ich als Schutzmechanismus. Wir brauchen es unbedingt, dass wir das Gefühl haben, eh rechtens zu tun. Und darum sage ich Geschwister, wenn wir aber merken, irgendwie sollte ich nachdenken, dann kommt die Ignoranz, weil es ist leichter nicht nachzudenken. Weil wenn ich jetzt nachdenken würde, dann würde ich natürlich auch hier heraus nach Niederösterreich immer nur mit der Bahn fahren und nicht mit dem Auto. Weil ich müsste ja drauf kommen, naja, auch mein kleines Wutziputzi-Ausstoßi ist ein Teil des großen Ausstoßes von Dreck in der Luft. Und da hilft mir meine eigene Ignoranz, die sagt, ja morgen, ja nächstes Mal. Ja, es geht ja nicht aus zeitlichen, es geht ja aus termienlichen, es geht ja nicht gründen. Obwohl der Bahnhof direkt da quasi tatsächlich ums Eck ist.
GREGOR SEBERG
Obwohl der Bahnhof ums Eck ist und obwohl es lustig ist, wenn man die letzte Strecke mit der Bimmelbahn fährt, die quietscht auch ohne eine Kurve zu fahren. Das hat was.
BARBARA HAAS
Okay, aber das heißt, du wärst gern mit dir so streng, wie du mit anderen bist.
GREGOR SEBERG
Ja, eigentlich schon, eigentlich schon. Ich wäre gern so streng mir gegenüber. Bin es aber nicht. Ich kann auch viel damit anfangen, dass man sagt, es ist so befreiend, einmal eine Dose ins Altpapier zu werfen. Es tut so gut, einfach mal so. Ich habe heute während der Proben, es ist sehr viel mit Humor bei uns, habe ich immer so etwas dagegen geredet und habe gesagt, wait, was sagt denn der Gregor schon wieder? Ich habe schon wieder gesagt, in meinem Pass steht Rebell. Ich glaube nicht, dass ich als Mensch geeignet wäre, in einer idealen Welt, die nach meinen Vorstellungen gebaut ist, zu funktionieren. Ich möchte auch der Kirche recht geben, wenn sie mich bestätigt.
BARBARA HAAS
Ja, das ist auch gut. Manche behaupten ja, dass wir in einer übermoralisierten Welt leben. Vielleicht ist es deswegen auch so geil, mal eine Dose ins Altpapier zu werfen, weil wir von lauter Regeln umgeben sind. Und weil es die alten Regeln, apropos Kirchenglocke, die greifen nicht mehr so. Deswegen haben wir gesellschaftlich unseren moralischen Kompass verloren. Jetzt will ich nicht sagen back to church, aber möglicherweise ist etwas dran, dass wir einerseits komplett individualisiert sind und sagen, okay und ich und mein Time und was weiß ich, und wer sind die anderen und andererseits aber immer groß, ja sind da Flugscham und da darfst du das nicht machen und was man nicht darf und was man schon darf und das Internet und Social Media und blablabla. Also alles in der Waschtrommel. Aber denkst du, da könnte was dran sein?
GREGOR SEBERG
Da könnte absolut was dran sein. Das ist absolut. Dieses Überangebot, wie man sein soll, ist auch nicht gut. Das ist wahrscheinlich, wenn die dürren 10 Gebote haben schon gereicht, damit man ungefähr weiß, was man nicht machen soll, hat man eh gemacht in der Zeit. Es gab ja nie eine Zeit, wo niemand schlecht gehandelt hat. Gab es ja nie. Es gab ja auch nie eine Kultur, die nicht geraucht hat. Bis zu uns heute, wo man gesagt hat, du darfst nicht rauchen, weil die Indianer ohne Friedenspfeife würden ständig Krieg geführt haben. Indianer darf man auch nicht mehr sagen. Aber Friedenspfeife geht.
BARBARA HAAS
Aber Friedenspfeife geht.
GREGOR SEBERG
Ich glaube schon, dass es damit zu tun hat und das auch in der Wahrnehmung, wenn jetzt zum Beispiel ein Korruptionsfall passiert in unserem Land, dann ist meistens nicht so die Frage, wie konnte das die oder der Orgemensch machen, sondern kommt man ihr oder ihm drauf, wie ist man ihr oder ihm drauf gekommen und welche Konsequenzen wird es für sie oder ihn haben. Aber die Tatsache, dass es passiert ist, ist dann oft gar nicht so wichtig. Genauso wie zum Beispiel in den Nachrichten, wo ich mich immer wahnsinnig ärgere. Nachrichtenfinanzstellungen finde ich super, aber natürlich zeigen die mir nur das, wovon sie glauben, dass es für mich wichtig ist. Und da kommt dann so, kommt dann, was weiß ich, der Bundeskanzler von früher, plant vielleicht ein Comeback und in der Ukraine, USA weit weg und dann kommt das und das und das. Und dann kommt, ah ja, Erderwärmung. Also bevor wir, weiß ich nicht, zum Kulturteil kommen, Erderwärmung, ganz fürchterlich, wumm, dann kommt Wetter, morgen ist ein sonniger Tag. Da kann kein Bewusstsein entstehen. Wenn Erderwärmung das Thema ist, das ungefähr so wichtig ist, wie ob ein Fußball das Tor erwischt hat, dann ist Erderwärmung wurscht. Aber genau in der Zeit sind wir gerade. Erderwärmung ist wurscht. In allen letzten Wahlauseinandersetzungen hat das überhaupt keine Rolle mehr gespielt. Und ich habe das Gefühl, ich habe keine Studie dazu, aber ich habe das Gefühl, die Menschen sind überhaupt nicht mehr ansprechbar darauf. Wir sind nicht mehr ansprechbar. Das ist ein zu großes Thema. Das ist zu viel für uns. Und ich habe mal in einem Programm gesagt, ich bin so ein Fan von Stan und Oli. Ich finde das so gut. Stan Laurel, Oliver Hardy. Das muss man nachgucken. Das ist schon ein bisschen her. Aber es ist trotzdem gut. Stan Laurel und Oliver Hardy, die haben im Bereich Humor wahnsinnig viel erfunden. Die sind wirklich die Pioniere. Das ist hunderte von Jahren alt. Und ich habe gesagt, ich fände es gut, wenn wir alles, was wir auf Erden an Mist, Dreck und Scheiße angerichtet haben, irgendwie verschwinden lassen und nur Bücher und Filme von Stan Laurel und Oliver Hardy so verstecken, damit die, die später nach uns kommen, Außerirdische, glauben, wir werden eh so lieb wie die. Weil wenn Außerirdische kommen und dann sagen, wie? Die haben Atomkraftwerke dort gebaut, wo auf jeden Fall ein Erdbeben sein wird? Hä? Wie? Die haben gemerkt, dass immer heißer wird und der Spiegel steigt und sie haben trotzdem nichts dagegen gemacht. Die müssen jetzt nicht deppert gewesen sein. Und da komme ich wieder auf die Dummheit. Wir sind, glaube ich, ich bin ein absoluter Atheist und glaube aber, dass uns allen etwas eingeschrieben ist. Das heißt, wir schauen schon, dass wir uns auslöschen. Braucht es keinen Kometen, braucht es nicht. Das machen wir schon selber.
BARBARA HAAS
Du glaubst, wir haben so eine innere, wie diese Nachricht wird sich in 10 Sekunden selbst zerstören, so ein Track in uns als Menschheit?
GREGOR SEBERG
Ja, aber von niemandem eingepflanzt, sondern das ist uns irgendwie eingeschrieben, keine Ahnung warum. Weil sonst würden wir es nicht machen, sonst würden wir es nicht tun. Es gibt so viele Möglichkeiten, Energie zum Beispiel zu erzeugen, das weiß man ja alles. Sei es durch Wind und Wellen des Wassers, sei es durch Solaranlagen in der Wüste, könnte man machen, macht man nicht. Da könnte irgendeinen Volltrottel sagen, wir machen ein Kohlekraftwerk wieder auf. Wie kann man so deppert sein? Und welche Signalwirkung hat das? Weil dann ist es ja eh wurscht, wenn die oben sagen, wir machen ein Kohlekraftwerk auf, dann glauben die unten, die werden schon wissen. Weil das wird ihnen ja erklärt, dass die oben gescheiter sind als die unten, was natürlich ein völliger Schwachsinn ist.
BARBARA HAAS
Okay, ich habe hier gute Vibes versprochen, wir müssen ein bisschen das Thema wechseln. Ich möchte mit dir ein kleines Experiment machen, du kennst sicher die Fragebögen von Max Frisch. Ich will ja mit dir noch über deine Jungs reden, aber zuerst möchte ich das Thema Humor noch besprechen. Wer es nicht kennt, der Schweizer Autor und Architekt, glaube ich war er auch, Max Frisch, hat elf Fragebögen veröffentlicht. Da geht es um so existenzielle Themen wie Freundschaft, Lieb, Ehe, Humor eben auch. So, und ich bring drei kurze Fragen mit, die muss ich jetzt wörtlich zitieren, ich kann es nicht auswendig. Ein wörtliches Zitat.
GREGOR SEBERG
Ich meine, wenn ein Mensch Humor hat, dann bringt der Mensch mich zum Lachen. Ganz klar.
BARBARA HAAS
Okay, das ist einfach für dich zu beantworten. Gut, nächste. Was offenbart Affinität im Humor? A, Gleichartigkeit des Intellekts. B, dass zwei oder mehrere Menschen übereinstimmen in ihre Fantasie. Oder C, Verwandtschaft in der Scham.
GREGOR SEBERG
Der Intellekt ist es, glaube ich, nicht. Die Scham ist da schon ein ganz gutes, ja, ich glaube, die Scham ist es. Wenn man sich in dem Moment ausmacht, boah, jetzt lachen wir über das. Ja, das gibt eine Verbindung. Das gibt eine Verbindung, ja, weil, also jetzt in meiner Welt ist schon auch die Bananenschale lustig, wenn jemand darauf ausrutscht. Aber eigentlich sind politisch unkorrekte Dinge für mich lustiger. Die gehen aber nur unter Gleichgesinnten, man sagt, hm, aber lass es uns mal denken.
BARBARA HAAS
Aber jetzt gar nicht im orgenübergriffigen Bereich, sondern nur so, das geht auch im kleineren Bereich. Und denkst du, braucht man diese politischen Inkorrektheiten, damit man, um sich einzunorden, immer wieder mal?
GREGOR SEBERG
Unbedingt. Ich glaube unbedingt, dass politische Unkorrektheit etwas ganz Wichtiges für uns ist. Immer unter der Voraussetzung, wir wissen eh, dass das jetzt eine politische Unkorrektheit ist und nicht, wir machen uns über eine Minderheit lustig. Aber, aber es braucht, das ist ein wahnsinniger Akt der Freiheit. Wenn, wenn, ich hab da zum Beispiel in dem Theater einen Kollegen und wir erzählen uns manchmal so jüdische Witze. Wir wissen, dass gewisse jüdische Witze, ein, zwei, ja, weil die halt manchmal so gescheit sind. Aber natürlich erzählen nur die, wir, einander, uns. Weil, nicht nach außen, das geht nicht, weil das würde missverstanden werden, geht sich auch nicht aus. Aber die sind einfach gut. Und das, diese kleine Miniform von politischer Unkorrektheit, ist wahnsinnig befreiend und angenehm. Und lässt mich dann immer so einen Bruder im Geiste erkennen.
BARBARA HAAS
Aber das finde ich interessant, dass du das mit den jüdischen Witzen erzählst, weil, dass die insgesamt brillant sind, das weiß man ja. Wie der Humor sozusagen auf die Spitze getrieben. Die dritte Frage schließt da an, obwohl wir das gar nicht ausgemacht haben. Okay, entsteht Humor aus Resignation?
GREGOR SEBERG
Nicht zwingend. Ich glaube, Humor kann sehr stark aus Resignation entspringen. Aber das kommt dann schon auf den Menschen an, ob sie da eher diesen Ausweg wählt. Also, es gibt ja das Beispiel der katastrophalen Situation eines Einzelnen, der man nur noch mit Humor begehen kann. Bei mir ist es so, Humor generiert sich auch aus nichts. Das ist einfach da. Ich habe zum Beispiel mich selber gestern, weil ich nämlich, ich bade so wahnsinnig gerne. Ja? In der Badewanne. Ja. Es ist möglicherweise unglaublich, wie viele Milliarden Liter Wasser ich da verbrauche. Aber ich finde Baden so gut. Und gestern habe ich mich in die Badewanne gelegt und habe geduscht. Und bin draufgekommen, ah, ich bin ein Liegeduscher. Und möchte jetzt die Kultur des Liegeduschens verbreiten. Das ist eine... Aber warte einmal. Du lässt dir dann ein Bad ein. Nein. Und dann tust du dich dort auch noch duschen? Nein. Stell dir vor, die Badewanne ist ohne Wasser. Ja. Nein. Dann tue ich mich so duschen, als würde ich in der Badewanne liegen. Ah, du willst einfach nur liegen. Du willst nicht stehen beim dich waschen. Ja, genau. Und dann steigt ja der Wasserspiegel doch ein bisschen an. Und mit ein bisschen Fantasie kann man sich das so erklären, dass man ja eh fast schon badet. Also aus gutes Gewissen mit, wie soll man sagen, mit Helonismus vereint. Liegeduschen.
BARBARA HAAS
Okay, Liegeduschen. Ja. Wir haben ja schon den Kapitalismus gestreift. Das lässt sich sicher gut irgendwie vermarkten. Für eine wahrscheinlich Nische, aber die ist zahlungskräftig. Ich bin mir sicher.
GREGOR SEBERG
Ich will aber gar keine Kohle damit machen. Ich möchte, dass es mehr Leute tun. Weil? Weil man damit Wasser sparen kann. Ah, okay. Ich habe als Jugendlicher so gerne Labello genommen, aber weil das nicht cool war, habe ich einfach den Spruch gekriegt, Labello liebe ich dich so sehr. Und dann war es einfach mal gesagt, die Jungs auch. Oder ich habe auch eingeführt, dass lange Unterhosen cool sind. Und habe mir gesagt, ich finde das cool, lange Unterhosen. Und dann haben so ein paar andere gesagt, ja lange Unterhosen, das ist ja gar nicht brauchen. Du, aber Gregor. Entschuldige, stopp mich.
BARBARA HAAS
Nein, ich stoppe dich nicht. Ich möchte mit dir, also ich finde es interessant, dass du gesagt hast, du hattest eigentlich keine Vaterfigur, weil der Vater nicht da war. Und du bist mit Frauen groß geworden und hattest dementsprechend auch keine falsche Vaterfigur, an die du dich angelehnt hättest können und ein schöner Macho aus dir werden hätte können. Wahnsinnig viel Konjunktiv. Aber was bist du denn, also was würdest du denn sagen, was bist denn du jetzt für ein Vater?
GREGOR SEBERG
Berechenbar. Berechenbar, das halte ich für ganz wichtig. Manchmal spiele ich einen Vater, wenn ich streng sein muss, weil ich ärgere mich zwar, aber das mit dem Strengsein habe ich nicht so. Also ich habe schon herausgefunden, dass die beiden Jungs bei mir schon wissen, mittlerweile bei dem geht, bei dem geht wo so eine. Der, da darf man, der ist nicht so. Das Fernsehverbot wird durch einen Ging-Ging aufgehoben, also Ging-Ging heißt durch Augenaufschlag, wieder zurückgenommen, aber sonst versuche ich nicht nur Kumpel zu sein, also ich versuche schon auch so ihnen halt ein bisschen, ich meine Kinder sind von Natur aus Naturschützer und Gerechtigkeitsfanatiker. Das stimmt. Und das will ich ihnen nicht abgewöhnen, im Gegensatz, ich möchte das unterstützen. Und wenn mein kleiner Sohn völlig fertig mit den Nerven auf mich zugelaufen kommt, weil er eine schöne Blüte gesehen hat, die er mir unbedingt zeigen muss, dann geht mir das Herz auf, dass ich schau dir diese schöne Blume an und das ist einfach wirklich schön.
BARBARA HAAS
Was ist für dich, also was meinst du damit, wenn du sagst, du bist ein verlässlicher Vater?
GREGOR SEBERG
Berechenbar meine ich. Berechenbar. Ich meine verlässlich, also ich habe berufsbedingt aktuell gerade, geht es mir wahnsinnig auf die Nerven, dass ich sie so wenig sehe. Also wenig sehe, ich sehe sie eh täglich, aber ich würde noch gerne viel mehr Zeit mit ihnen verbringen. Aber berechenbar und verlässlich damit meine ich, dass ich meine innere Instabilität nicht eins zu eins an sie weitergebe. Also, dass ich, wenn ich so mit dem Leben hadere oder wenn ich äh äh äh äh äh bin, ja. Nicht gut drauf. Ja, nicht gut drauf. Danke, so hast du das. Dass ich dann trotzdem sage, naja, das sage ich jetzt nicht, jetzt lasst mich einmal in Ruhe, bitte, sondern das geht doch nicht. Da muss ich dieses äh äh äh nicht gut drauf auf später verschieben, um es mit mir auszumachen. Das versuche ich.
BARBARA HAAS
Das heißt, du zeigst ihnen diese Seite nicht.
GREGOR SEBERG
Na nicht, ich habe fast damit gerechnet, dass du mich investigativ durchbohren wirst. Total, du hast schon gemerkt, das ist ein investigatives Format. Ja. Na das kriegen sie dann schon auch mit. Was ich gelernt habe für mich ist zum Beispiel, dass das kontrollierte Tourette-Syndrom was Tolles ist. Also wenn die Kinder, wenn du zum Beispiel das vierzehnte Leiberl nicht passt und die achtundzwanzigste Unterhose nicht akzeptiert wird, dann wenn man dann kurz um die Ecke geht und sagt, mein Gott ist der deppert und dann wieder reingeht und sagt, nein, nein, probier mal noch einen, aber das ist halt die letzte. Das hilft einem. Aber ich würde es ihnen nicht gerne ins Gesicht sagen.
BARBARA HAAS
Aber das ist schön, weil das ist ungefähr glaube ich dasselbe Prinzip wie die politische Inkorrektheit, die man unter Freunden manchmal hat. Also man muss manchmal irgendwo ein Ventil aufmachen. Und Kinder können ja wahnsinnig nerven, ich weiß das aus eigener Erfahrung. Und es ist nicht zumutbar immer nur die Rolle der gebenden, verständnisvollen oder des gebenden, verständnisvollen, tolerierbaren Erwachsenenteils zu stellen. Also das glaube ich, selbst wenn man es sich vornimmt, gelingt es einem eh nicht. Natürlich kriegen sie manchmal Ungeduld und Kurzatmigkeit und mit. Auf der anderen Seite kriegen sie aber auch mit, dass ich ein kinder Kindskopf bin, weil ich die Überfuhr zum Erwachsenenleben eh versäumt habe. Und auf der Ebene treffen wir uns schon auch auf der Ebene. Und das taugt mir sehr. Ich bin ja ein sehr nicht extrem junger Vater.
BARBARA HAAS
Wie alt bist du?
GREGOR SEBERG
Das muss man nicht sagen. Das muss man nicht sagen. Und ich finde es immer so schön, wenn ich dann sagen darf, eine Dame fragt man das nicht.
GREGOR SEBERG
Aber das ist super, weil ich hätte vor 20 Jahren noch überhaupt keine Zeit gehabt. Vor 20 Jahren musste ich noch die Welt in anderen Bereichen retten, ändern, verbessern. Und jetzt kann ich meinen ganzen Nicht-Erfolg diesbezüglich sagen, hey, aber im Kleinen kann ich es ja besser machen. Und das meine ich mit verlässlich, dass ich jetzt nicht sage, also jetzt Werte, sie sind auch sehr klein, aber Werte, wie soll ich sagen, dass ich die nicht über Bord werfe, nur weil es jetzt passt. Damit meine ich zum Beispiel Tiere quält man nicht. Punkt. Und da kann ich auch streng werden.
BARBARA HAAS
Auch wenn es kleine Insekten sind.
GREGOR SEBERG
Auch wenn es kleine Insekten sind und das lernen sie mittlerweile. Sie verstehen es gar nicht, warum ich sage, ja, sie lieben es, wenn ich sage, ja, aber eine Gälse ist nur eine Mutter, die sich um ihre Kinder kümmert. Dann sagen sie, Papa, bitte, was sagst du da? Dann sage ich, nein, aber ich sage es euch, warum.
BARBARA HAAS
Und das hältst du auch durch?
GREGOR SEBERG
Das halte ich durch, ja. Ja.
BARBARA HAAS
Ich kann mich noch erinnern, ich habe meine Kinder, das sind Zwillinge, Mädchen, schwer traumatisiert. Ich komme von einem Bauernhof, bei uns war das ganz normal, dass wenn man da im Sommer in der Küche ist, dass man da einmal 2000 Fliegen erschlägt. Einfach so, damit man sozusagen eine Ruhe hat. Und genau das habe ich gemacht. Und die waren damals, ich glaube drei oder so, und waren wirklich getroffen. Also fast so getroffen wie das Massaker, das ich da angerichtet habe. Hat mich darüber nachdenken lassen, ob man nicht möglicherweise etwas anderes tun kann, nämlich die Tür öfter zumachen und nicht offen lassen. Zum Beispiel, man könnte ja auch verhindern, dass sie reinkommen.
BARBARA HAAS
Bist du auch aus der Steiermark?
GREGOR SEBERG
Mhm.
BARBARA HAAS
Woher bist du?
GREGOR SEBERG
Aus Gröbming.
BARBARA HAAS
Ah Gröbming, das ist ja ganz weit weg. Das ist ganz weit weg, deswegen habe ich ja nicht so einen steirischen Intellekt. Okay. Aber zum Beispiel, ich bin ja auch viel auf dem Land gewesen, diese pickerten Plastikdinger, wo so Leichen oder gerade sterbende Insekten drauf liegen und das Kindern so präsentieren. Den Kindern ist das irgendwann normal, das ist schon klar. Aber ich versuche schon zu sagen, der Wert eines Lebens, und zwar jeglichen Lebens, ist einfach wahnsinnig das höchste, was es gibt. Es gibt auch bei uns Menschen nichts, jetzt komme ich wieder auf das. Es gibt ja nichts Größeres als das Leben und die kleinste Währung, die ich kenne, ist dabei ein Menschenleben, weil das ist echt wurscht. Die reden von, der Krieg hat so und so viele Dollar Verlust bedeutet und 3000 Panzer und 4000 Flugzeuge und dann kommt, ah ja und 17.000 Tote auch noch. Sagst du ja, warum um die 17.000 Toten geht es ja, der Rest ist mir doch scheißegal.
BARBARA HAAS
Aber warum sagst du jetzt, also das Leben ist das Wichtigste und der Mensch ist...
GREGOR SEBERG
So wird es gehandhabt, die geringste Währung. So wird es leider gehandhabt. Das ist so eine Mini-Währung. Du hörst so, anlässlich der tragischen Ereignis in Graz, wird ganz genau gesagt, was da passiert ist und im gleichen Atemzug wird irgendwo in einer anderen Weltgegen berichtet, da ist ein Flugzeug abstürzt mit 270 Leuten. Das ist dann so, hm, ja. Klar kann man sagen, das ist so weit weg, du kennst sie nicht, hast nichts unmittelbar damit zu tun, aber sind 270, ich weiß nicht, wie viele Schicksale das dann bedeutet, die zerstört wurden. Und du sagst, dass wir als Menschen nicht danach trachten, dass wir und nach uns dann alle anderen überleben, aber gleichzeitig können wir Herzen transplantieren, gleichzeitig können wir in der Medizin Wunder vollbringen. Das verstehe ich nicht, da komme ich nicht ganz zurande. Aber vielleicht ist das auch sowas, was eigentlich zu groß ist für uns. Also zu groß zu denken, zu fassen, da sind wir vielleicht als Gattung, glauben wir nur, also jetzt überhaupt, jetzt haben wir auch noch JGPD, aber wir glauben, wir verstehen alles und wir durchdringen alles, aber möglicherweise ist es halt doch nichts.
BARBARA HAAS
Ja, das ist, ich verstehe zum Beispiel, ich lese gerade Richard Dawkins, den kennst du sicher, der Mensch, der quasi jetzt wirklich dagegen ist, dass wir gläubig sind. Und der sagt dann Dinge in Amerika, wenn du nicht Kreationist bist oder wenn du nicht Christ bist und an den Kreationismus glaubst, dass Gott uns zusammengeschraubt hat oder so, dann kannst du gleich jeden Vortrag gleich abbrechen, weil du wirst keine, die werden gehen. Außer wenn du deine zehn Freunde einlädst. Und dann denke ich mir, 2025? Ist das immer noch so, dass Leute glauben, ein lieber Gott habe uns gemacht, das war zuerst, das finde ich so super, weil er gesagt hat, es gab wissenschaftliche Experimente wegen des Betens. Sie haben drei Gruppen gemacht. Eine Gruppe, alles kranke Menschen. Eine Gruppe wusste, dass für sie gebetet wird. Eine Gruppe wusste nicht, dass für sie gebetet wird. Und die dritten wurden so im Zweifel gelassen oder so, wird gebetet oder nicht. Dann wurde ganz viel gebetet. Und die einzige Gruppe, wo sich der Zustand nachweisbar empirisch verschlechtert hat, war die Gruppe, die wusste, dass für sie gebetet wird. Aus dem Grund, sagt er, weil die so einen Druck hatten. Es muss einem jetzt besser gehen. Und wenn du das jetzt weiter analysierst, kommst du darauf, dass das Gebet, die Behauptung eines Gebetes, die ja dann letztlich wieder auf den lieben Gott zurückgeführt wird, nichts bringt. Das heißt, er tut aber auch nichts. Und wenn er nichts tut, wozu brauchst du ihn dann? Er hat ja alles schon gemacht, vergiss das nicht. Er warst sieben Tage und fertig mit dieser Geschichte.
GREGOR SEBERG
Nein, ich glaube, also zwei Gedanken dazu. Ich glaube, es gibt viele Menschen, die spirituell sind und aber auch sozusagen gläubig sind und möglicherweise auch in einer kirchlichen Gemeinschaft sich irgendwie aufgehoben fühlen. Und ich denke, dass ich das gut respektieren kann. Ich würde mich fast bis die letzte, die Kirche, das ist nicht so meins, aber sonst würde ich mich da auch einordnen. Und ich glaube, dass das, wie soll man sagen, wie so ein bisschen eine Eigentherapie sein kann. Also, dass du irgendwie denkst, okay, irgendwie möglicherweise sind wir nicht das Größte, Schönste und Tollste im Universum.
BARBARA HAAS
Ja, aber was soll es denn sonst sein?
GREGOR SEBERG
Ja, aber was soll es denn sonst sein? Nein, das weiß ich ja nicht. Aber muss ich ja nicht. Ich nehme zur Kenntnis, dass ich das nicht weiß. Das macht mich wahnsinnig, weil ich würde es gerne wissen. Weil ich sage, und solange mir das nicht bewiesen wird...
BARBARA HAAS
Aber was machst du mit dem Fragezeichen?
GREGOR SEBERG
Jeden Tag mich damit beschäftigen. Okay. Jeden Tag. Okay, dann bin ich gelassener.
BARBARA HAAS
Bist du gelassener?
GREGOR SEBERG
Ich habe so eine depperte Theorie. Ich behaupte ja, dass es vor dem Urknall, ich glaube jetzt, dass es den gegeben hat, vor dem Urknall gab es nur einen Knopf, auf dem ist gestanden, gilt nur für Götter nicht drücken.
BARBARA HAAS
Ah ja.
GREGOR SEBERG
Und dann haben sie aber gedrückt... Wir wissen von den Geschichten der Götter, dass sie nichts auslassen, was sie auslassen sollten. Und haben gedrückt, das hat sie zu wissen, das Weltall ist entstanden, Kosmos ist entstanden und die Götter sind erledigt gewesen.
BARBARA HAAS
Aber gut war es dann, oder? War okay. Also sie haben dann doch den Urknall ausgelöst. Ja.
GREGOR SEBERG
Damit versuche ich meine vielen Feinde zu beruhigen. Nein, aber das andere, was du sagst, dass es in den USA quasi wirklich unmöglich ist, könnte auch niemals jemand Präsident oder, Frage nicht, Präsidentin werden, die nicht God save the USA sagt oder ähnliches. Ja. Das wäre einfach undenkbar. Und das ist natürlich... Also wenn du dir jetzt J.D. Vance oder diese ganzen Gestalten anschaust, was der alles behauptet, dass wir nicht nur, dass wir weiße Babys kriegen sollen, sondern auch, dass diese childless cat women, diese depperten Frauen, die sich nicht in die Reproduktion stürzen. Und das alles ist ja, damit man für den lieben Gott hier ein gutes Völkchen darf. Schimpft man aber über die religiösen Fundamentalisten im Nahen Osten.
BARBARA HAAS
Ja. Klar. Das eigene findet man immer besser. Ja. Sind wir wieder... Ja.
BARBARA HAAS
Ich möchte noch ganz kurz beim Vater bleiben. Bei dir als Vater. Und zwar, merkst du denn schon, dass deine Kinder Jungs sind? Dass sie? Dass sie Buben sind. Ja. Woran merkst du das?
GREGOR SEBERG
Total. Höher, stärker, schneller. Wettkämpfe, Waffengebrauch, also Plastik, Schwerter, so Wettbewerbsgetue und es imponiert ihnen so, so dieses, wenn jemand so, wow, das ist so stark und das ist ein Ninja-Gott, der könnte ja anderen alle und Dings, solche Dinge. Das merke ich total. Im Vergleich auch zu anderen Eltern, die sagen so, nein, ich habe zwei Töchter, die finden schön, dass sie irgendwas gestalten und es dann wegräumen. Und sie sagen, aha, meine machen es kaputt und hauen es dann nur durch die Gegend.
BARBARA HAAS
Denkst du, denkst du, dass du was dafür kannst, dass die sich so benehmen oder dass sie solche Dinge gut finden?
GREGOR SEBERG
Absolut von mir. Absolut von mir. Das ist ihr Umfeld, ihr Soziotop, in dem sie sich befinden, zu dem ich zwar auch gehöre, aber von mir haben sie es nicht unbedingt, war es mir nicht, vielleicht dann doch auch irgendwie so. Aber ich bin kein so ein Wettbewerbstyp, weil ich an dieser Stelle sage, dass ich schnellste 60, 100 und 1000 Meter Läufer war in Graz, aber ich bin glaube ich nicht so der Wettbewerbstyp, aber das ist einfach so. Die sind auch unterschiedlich, die beiden, muss ich sagen. Einer ist das viel mehr, der andere ist mehr so der Denki und der andere ist mehr so der Hautraufi. Aber sie sind auch noch sehr jung.
BARBARA HAAS
Aber es ist auch schon spannend, oder?
GREGOR SEBERG
Voll. Dass das irgendwie so rauskommt und jetzt bist du ohne direkte Vaterfigur aufgewachsen, da hast du es jetzt retrospektiv als positiv für dich geframed, weil du vielleicht auch zum Thema Gleichstellung und Wertschätzung und sozusagen wie Gesellschaft vielleicht gut funktioniert, wohl auch was Gutes daraus dir mitgenommen hast. Und jetzt bist du als dieser Mensch, als dieser Mann jetzt sein Vater und dennoch sind diese zwei Buben sozusagen Stereotype Buben. Stereotyp ist vielleicht ein hartes Wort, weil sie sind schon auch, das meinte ich eben so, ihre Liebe zu Blumen und so, schau wie schön, schön ist ein Begriff, den sie schon sehr oft verwenden. Und da muss man jetzt natürlich auch sagen, gibt es natürlich auch die Figur der Mutter, von der sie auch ganz mehr denn von mir glaube ich mitbekommen und deren Einstellung zum Leben und so weiter. Aber was sie haben ist, wobei, was wir probieren ist, dass sie in völliger Demokratie aufwachsen. Also nicht das eine sei besser als das andere, sondern sagt es ihr dann wie ihr wollt oder so. Aber vorleben sollte man natürlich oder versucht man natürlich Gleichberechtigung einfach.
BARBARA HAAS
Der Grund warum ich frage und ich erwarte jetzt natürlich nicht von dir, dass du quasi das Unheil der Welt rettest, obwohl das sicher ein guter Anspruch wäre für dich. Aber wenn man sich so umschaut, im Kleinen wie im ganz Großen, könnte man jetzt grob zusammengefasst und nicht differenziert sagen, dass eigentlich Männer diese Welt ausschließlich schlecht machen. Sie fangen Krieger an, sie beuten Menschen aus, sie bringen ihre Frauen um, nur weil sie sich trennen wollen. Also wohin man auch blickt, ist meistens, ich sage jetzt wirklich nicht differenziert, aber meistens ist am anderen Ende sitzt irgendwo ein Mann, ein narzisstischer, unsicherer, aber jedenfalls sehr mächtiger und es hört ja nicht auf. Und wie soll das weitergehen, frage ich mich und deswegen denke ich jetzt an deine Kinder, die auch Buben sind und auch mal Männer werden und es wäre doch eine schöne Utopie, wenn sich da was ändern würde.
GREGOR SEBERG
Also ich bin so sehr hundertprozentig mit dem einverstanden, was du jetzt gesagt hast, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Das ist der Duktus dessen, was ich oft in so Programmen sage, dass wir Männer schuld sind. Ganz lapidar, simpel, zusammengefasst, wir Männer sind schuld. Schau doch an, historisch, wer hat was angerichtet? Ich wiederhole jetzt nicht, was du gesagt hast. Aktuell, Tetto. Ich sage, wäre die Alternative, dass es durch irgendeine Begebenheit, die wir nicht steuern können, weil es sich nur Frauen gibt, die an der Macht sind? Ist das die richtige Alternative? Das glaube ich nicht. Oder aber wäre es nicht besser, dass die, die die Hauptschuld tragen, und das sind wir Männer, glaube ich, tatsächlich, sich ändern? Und ich denke, und ich bin da schon eigentlich in dem Punkt Optimist, obwohl ich eigentlich am Anfang pessimistisch geklungen habe, es wächst da eine neue Generation, es sind mehrere Generationen von Männern heran, die das nie mehr so sehen.
BARBARA HAAS
Die nicht mehr dieses völlige altmodische, atavistische Männerbild von Niobe Schutamann haben, sondern die das gar nicht mehr kümmert. Bist du dir da sicher?
GREGOR SEBERG
Sicher bin ich mir nicht, aber ich habe keine Anzeichen dafür. Ich habe jetzt ganz konkret jemanden im Kopf, das ist so ein Mann in seinen mittleren 30er Jahren, für den ist das gar kein Thema. Der ist aber jetzt nicht wahnsinnig engagiert in dem Bereich, sondern der lebt das einfach ganz normal. Sein Mann sein und das Frau sein daneben, oder das was immer man sein möchte daneben. Und stellt das aber gar nicht irgendwie in Frage, ob er da vielleicht zurückstecken müsste oder so, das ist gar nicht so. Also ich habe die Hoffnung, dass es das gibt. Allerdings, Einschränkung, naja, jetzt reden wir von dem kleinen Bereichchen, über das wir reden. Jetzt sind ja ganz viele auf der Welt und da ist es nicht so. Genau, da ist es nicht so. Ich meine, wenn du jetzt schaust in dieses verdepperte Land Amerika, wo wahnsinnig gestylte Frauen in wahnsinnig teuren Kostümen keine andere Aufgabe bekommen, als den Mist, den irgendwelche depperten Männer vorher gesagt haben, noch einmal nachzuplappern und zu verteidigen. Was ist denn das für eine vertrottelte Welt? Das finde ich total arg. Dass die dann auch dekradiert werden zu optischen Wiederholungssprechpumpen, das ist eine Frechheit. Ja, und es haben auch die Rechtsextremen oder zumindest die Rechtspopulisten, die auch im Internet sehr aktiv sind, haben ja immer so Pin-up-Girls auch dabei, haben immer auch Frauen dabei, die sie dann ganz nach vorne stellen, die sie sozusagen für das Marketing verwenden, um erstens mal die Geschichte wieder gerade zu rücken. Was tut deine Frau und was tut dein Mann? Und sozusagen über die verlorenen Werte, die man dann wieder kriegt, natürlich eine politische Agenda mit zu verfolgen. Und da denke ich mir, wäre es halt wahnsinnig super, wenn sich Männer, also Buben, Jugendliche, junge Männer und erwachsene Männer, wenn sie dem nicht so blind reinfallen würden. Und wenn ich mir aber die Leute anschaue, wie Andrew Tate und alle diese Wahnsinnigen, die so viel Zulauf haben, dann fällt es mir schwer zu glauben, dass es sich eh ändert. Das ist mein kleines Fragezeichen.
BARBARA HAAS
Da hat man recht, weil diese toxische, furchtbare, diese vielzitierte toxische Männlichkeit, die auf alle Verunsicherten trifft und Erfolg hat, die setzt sich auch gleichermaßen durch. Weil das sind glaube ich alles Leute, die fürchten sich von einer starken Frau, statt dass man sich freut. Also nicht einmal Frauen, sondern zur Kenntnis nimmt. Und die denken sich dann, ja, ich muss sie dann doch unterdrücken oder so. Ja, was geht in den, ich frage dich, was geht in den Frauen denn vor, die sich zum Beispiel vor den Karren spannen lassen und sagen, sie sind der optische Aufputzer jetzt inhaltlich verteidigen muss, als eine reaktionäre rechte Partei gesagt hat. Die zum Beispiel sagt, na doch wieder, die Frau soll zu Hause bleiben, der Mann geht arbeiten und das System der 50er war richtig. Na glaubt die das oder ist das Karrieresucht? Oder es gibt auch wahrscheinlich Frauen, die das glauben.
GREGOR SEBERG
Also erstens glaube ich, das Patriarchat hat noch nie funktioniert, wenn nicht Frauen mit dabei sind. Ja, stimmt. Also wenn es nicht welche gibt, die sehen, okay, das ist das vorherrschende System. Ich kann es vielleicht nicht ändern, vielleicht reflektiert man es auch gar nicht. Aber wenn ich mich arrangiere, dann habe ich zumindest in dem System Chancen, einen guten Platz zu kriegen. Ja, pragmatisch gedacht, ja. Aber wie, dass man da komplett depressiv aus diesem Podcast hinausgeht. Nein, nein, ich glaube, dass schon diese Andrew Tate, darf man hier schön reden, Arschlöcher, die gibt es. Ich glaube aber, dass es wie ein Aufbäumen. Mir kommt das manchmal so vor wie, jetzt noch einmal die Muskeln spielen lassen, bevor es zu spät ist. Ich habe mir das bei der SPÖ manchmal gedacht. Sie ist mir vorgekommen wie eine Elefantenherde, die am Weg zum Elefantenfriedhof, ich sage das auch im Programm, im Elefantenfriedhof, noch einmal trötet. Wann hast du das über die SPÖ gesagt? Das sage ich jetzt, die ganze Zeit. Und der gedrötet hat der hinterste kleine Elefant und hat gesagt, nee, falsche Richtung, nicht Elefantenfriedhof. Und hat gesagt, gut, gehen wir in die andere Richtung, jetzt muss der Kleinste die Elefantenherde anführen und ist Vizekanzler geworden. Obwohl das politisch mir echt sehr opportun ist, was die tun, aber manchmal kommt es mir so vor. Und mir kommt es auch bei diesen Männern so vor, dass das ein letztes Aufbäumen ist. Aber sie werden sich nicht durchsetzen. Ich glaube, wir Menschen werden am Ende schon aufgrund unserer Blödheit dahingerafft werden, aber bis dorthin werden wir es beinahe geschafft haben und doch zu einer Art Einkehr gefunden haben. Man sagt, na ganz deppert sein ist auch nicht gut. Das war jetzt ein schöner, ich hoffe, man sieht das auf der Kamera, so ein schöner Blick in die Ferne. Das hat jetzt sehr gut zusammengepasst. Lieber Gregor, vielen Dank für deine Zeit. Ich bedanke mich für das lässige Gespräch. Sehr gerne und viel Erfolg jetzt auch noch für all deine Projekte, die du vorhast und für deine Rolle als Vater. Ich setze auf dich. Danke, ich werde mir echt Mühe geben.
BARBARA HAAS
Wie alt sind, nein, ich frage dich nachher. Meiner sind 13, sind pubertierende Zwillinge. Ist auch eine spannende Erfahrung. Euch wünsche ich auch eine gute Zeit bis zum nächsten Mal. Ich hoffe, es waren ein, zwei schöne Gedanken dabei oder gute Inputs, was auch immer. Ich freue mich über Feedback und wenn ihr wollt, bis zum nächsten Mal. Bis dahin, alles Liebe und Baba.